In den letzten Monaten haben sich die österreichischen Hochschulen mit dem Wissenschaftsministerium über die Leistungsvereinbarungen für die Periode 2022 bis 2024 und den damit verbundenen Finanzierungsrahmen geeinigt. Im Jahr 2018 war dieses Instrument über die neue Universitätenfinanzierung ja völlig umorganisiert worden. Inwieweit sich diese Leistungsvereinbarungen als Steuerungsinstrument bewährt haben, in welchen Bereichen sie besonders gut funktionieren und wo Verbesserungsbedarf besteht, darüber diskutierten namhafte ExpertInnen am 19. Jänner 2022 online auf Einladung von Klaus Poier, Leiter des Zentrums für Hochschulrecht und Hochschulgovernance an der Universität Graz.
Die seit 2007 zwischen dem Wissenschaftsministerium und den einzelnen Universitäten abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen seien wahre "Blockbuster", wenn es um die Finanzierung und Steuerung von Universitäten gehe, so der für die Hochschulen zuständige Sektionschef im Ministerium, Elmar Pichl. Die große Herausforderung seien die Integration zweier Gesichtspunkte in die Leistungsvereinbarungen, nämlich der Basisfinanzierung und der wissenschaftlichen Leistung. Ein großes Thema sei auch nach wie vor die Steuerung der Prüfungsaktivität über dieses Instrument. "Aber auch die Prüfungsaktivität konnte in den letzten Jahren von 57 auf 64 Prozent gesteigert werden", so Pichl stolz. Damit sei die Evidenz gelungen, dass auch konkrete Ziele über die Vereinbarungen erreicht werden könnten.
Günter Burkert, Professor an der Weiterbildungs-Universität Krems, geht es mehr um Qualitäten als um Quantitäten. Zweiteres sei über geänderte Vorgaben einfacher erreichbar. "Wir müssen aufpassen, dass bei dieser Quantitätssteuerung die Qualität nicht verloren gehe", so Burkert weiter. Auch die Gesellschaft dürfe man bei den Vereinbarungen nicht aus den Augen verlieren, so Burkert in seinem Plädoyer für mehr Wissenschaftskommunikation.
Im europäischen Kontext stelle Österreich tatsächlich eine Ausnahme dar, so Thomas Estermann, Direktor der European University Association. "Denn europaweit werden nur etwa zehn Prozent der universitären Mittel über Leistungsvereinbarungen vergeben." In den skandinavischen Ländern würden Indikatoren wie die Drittmitteleinwerbung oder auch die Anzahl der Abschlüsse als wesentlich wichtiger bewertet als in Österreich. Ebenso müsse man betrachten, inwieweit das Instrument der Leistungsvereinbarungen die Universitäten in ihrer Autonomie unterstützt oder vielleicht auch beschränkt. Auch kritisiert er die hohe Anzahl an Zielen für österreichische Hochschulen. "Die Vereinbarungen könnten wesentlich schlanker sein."
Der geschäftsführende Rektor der Universität Graz Peter Riedler streicht die "Luxus-Situation" der österreichischen Universitäten hervor. "Es hat immer nur steigende Finanzierung gegeben in den letzten Leistungsvereinbarungsperioden", so Riedler. In anderen Ländern habe es auch andere Zeiten mit rückläufiger Finanzierung gegeben, was durchaus "spannend" für die betroffenen Hochschulen gewesen sei. "Es gibt natürlich diesen Konflikt zwischen Autonomie und Steuerung. Im Kompromiss ist aber viel möglich." Auch strich er das Mißtrauen zwischen den Universitäten im Zuge der Verhandlungen hervor. "Diese Situation ist vielleicht gar nicht notwendig und bringt sehr viel Aufwand mit sich."
Sektionschef Pichl strich angesichts der unterschiedlichen Entwicklungsnotwendigkeiten an verschiedenen Hochschulen die Situation des Ministeriums hervor, die "Universität Österreich" im Auge zu behalten. Dieses Spannungsverhältnis zwischen dem österreichischen Hochschulsystem als Ganzem und den Wünschen einzelner Universitäten sei nicht kleinzureden. Auch ist er der Meinung, dass die Einhaltung der Quantitäten an den Hochschulen auch eine wichtige Qualität sei.
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